Samstag, 10. Februar 2007

Regen im Palast der Winde

Schon gestern hatte ich Khan kennen gelernt. Er fuhr mich vom Bahnhof von Jaipur in mein Hotel. Er erzaehlte, er waehre Student, habe eine Freundin in Muenchen und wolle von mir etwas ueber die deutsche Kultur erfahren. Ich verabredete mich mit ihm heute Vormittag um 10 vor dem Hotel. Mir war klar: er war ein Schlepper und wollte mich irgendwohin bringen, aber er war ein netter Schlepper und ich beschloss, auf ihn hereinzufallen.
Bei der ganzen Schlepperei gehoert ein Besichtigungsprogramm grundsaetzlich dazu und wenn man mit einem unterwegs ist, wird man von den anderen nicht angequatscht. Wir fuhren also in die beruehmte Altstadt von Jaipur, die "Rosa Stadt". Es regnete. Der Regen machte die Farben weich und daempfte die Geraeusche. Ich fand es schoen. Ganz anders als Delhi. Und wir hielten vor dem Hawa Mahal, dem "Palast der Winde", nur zu dem Zweck errichtet, damit die Frauen des Maharadja ungesehen die Strasse beobachten koennen. Die Farbe blaettert zwar und ein paar der Aussenmauern muessen gestuetzt werden - aber ich war beeindruckt. Der Regen wusch den Staub von den Steinen und verlieh dem Ganzen einen voruebergehenden Glanz.
Im Stadtpalast sah ich dan eher zufaellig den derzeitigen Maharadja von Jaipur - einen kleinen, gruhaarigen Mann ohne Schnurrbart und Turban. Es gab noch mehr zu sehen und Jaipur begann mir immer besser zu gefallen.
Dann kamen wir zu eigentlichen Grund der Fahrt. Ich sass in einem Laden, der einen Juweliergeschaeft zu verweckseln aehnlich sah. Vor mir ein Typ, der nur scheinbar auf Small Talk aus war. Ob ich seine Schmuckfabrik sehen wollte? Natuerlich wollte ich! Ein Typ fuhr mich in eine eher schmutzige, duestere Gegend. Wir gingen durch eine sehr schmale Betongasse, stiegen ein paar enge Stufen hinauf - und waren in der Fabrik. Sie bestand aus kleinen schmutziggrauen Betonraeumen. Auf dem Fussboden sassen kleinen braune Menschen und stellten Schmuck her, daneben lagen welche auf Decken und schliefen, in einem anderen Raum wurde gekocht, gegessen wurde am Arbeitspaltz. Die in abgerissene schmutzige Sachen gekleideten Arbeiter schienen aber durchaus nicht ungluecklich zu sein. Immerhin mussten sie nicht betteln.
Ich versuchte nicht geschockt zu wirken. Zurueck im Geschaeft sprach ich den Typen auf die Fabrik und die Arbeiter an. Er hielt sich fuer einen Wohltaeter, denn Wohnraum, Essen und Kleidung bekommen seine Arbeiter von der Firma gestellt. Dafuer gibt es nicht so viel Lohn. Im Durchschnitt sollen es um die 10000 Rupien im Monat sein, das sind ca. 180 Euro. Die Kinder bekommen natuerlich nur maximal 2000 Rupien, denn die muessen die Arbeit noch lernen und sind nicht so schnell. Es war nicht einfach fuer mich, hier noch zu laecheln.
Dann kam er zum Hauptgrund meines Hierseins. Ich soll fuer ihn arbeiten. Als Tourist soll ich Juwelen fuer, sagen wir mal, 10000 Dollar nach Deutschland bringen und ihm so die indischen Ausfuhrzoelle ersparen. Am Gewinn werde ich beteiligt. Meine Ablehnung ueberraschte ihn.

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Ich bin mir im Moment noch nicht sicher, ob ich noch einen Tag in Jaipur bleibe, oder ob ich morgen nach Pushkar fahre. Mal sehen.

Donnerstag, 8. Februar 2007

Tuktuk Delhi Dust Race

Ein Tuktuk, bzw. eine Motorrikscha ist ein offenes Gefaehrt auf 3 Raedern, vorn sitzt der Fahrer und auf der hinteren Bank haben entweder zwei Europaeer oder eine ganze indische Familie Platz. Es gibt keine Tueren, dafuer aber ein Dach - und mehrere Moeglichkeiten, sich festzuhalten. Das ist notwendig, sonst faellt man naemlich raus. In solcheinem Gefaehrt war ich heute fast 6 Stunden lang unterwegs quer durch Delhi. Schliesslich will ich ja was sehen und morgen frueh um sechs heisste es "Good Bye, Delhi!" Also mietete ich mir unerschrocken ein Tuktuk mit Fahrer fuer der ganzen Tag, nur sehr ungenau ahnend, worauf ich mich einlasse. Sich Sehenswuerdigkeiten anzusehen ist das eine, der Verkehr von Delhi jedoch etwas ganz anderes.
Natuerlich gibt es hier Verkehrsregeln wie in jedem anderen Land auch. Aber abgesehen von einer roten Ampel ist den Indern nichts heilig (Kuehe auf der Strasse habe ich keine gesehen. Die werden schon wissen, warum.). Der Verkehr funktioniert auf dem Prinzip der permanenten Noetigung. Das bedeutet, es wird gedraengelt, bis einer aufgibt. Der Sicherheitsabstand betraegt maximal 2 mm. Wie zum Hohn ziert jedes Tuktuk hinten der Spruch "Keep Distance!" Gebremst wird nach Moeglichkeit nicht. Ueberholen, Einfaedeln, Lueckenspringen geht von allen Seiten bei voller Geschwindigkeit. Ohrenbetaeubender Laerm von knatternden Motoren und schrillen Hupen erfuellt die Luft. Es ist schwer vorstellbar, selbst wenn man mitten drin ist.
Unterbrochen wurde meine Fahrt durch das Besichtigen der verschiedensten Sehenswuerdigkeiten. Es muessen so an die 6 oder 7 gewesen sein. Ein Hindutempel war dabei, die Grosse Moschee und am Ende das Rote Fort. Da war ich aber kaum noch aufnahmefaehig. Voellig im Eimer kam ich geen 17:00 Uhr wieder im Hotel an.
Delhi ist das totale Chaos. Entspannung und Ruhe findet man hier definitiv nicht. Und irgendwas sagt mir, dass es in Jaipur morgen auch nicht viel anders sein wird.

Dienstag, 6. Februar 2007

Luft, mehr Luft

Die Luft in Delhi ist warm - das ist gut. Die Luft in Delhi dick - das ist schlecht und vor allem untertrieben. Stellt Euch vor, alle 10 Millionen Bewohner der indische Hauptstadt vom Kleinkind bis zum Greis wuerden rund um die Uhr Kette rauchen, dann haettet Ihr eine ungefaehre Vorstellung davon, wie dick die Luft hier ist. Komme ich das naechste Mal an einer ungefilterten Muellverbrennungsanlage vorbei, werde ich wahrscheinlich "Oh, Delhi!" rufen, ob ich dabei erinnerungstrunken die Augen verdrehen werde, wird die Zukunft zeigen.
Und wie sieht meine naechste Zukunft aus? Ich bleibe erst mal fuer zwei Tage hier. Mein Hotel ist okay und moeglicherweise ist das hier ein guter Ort, um sich an das Chaos zu gewoehnen.
Es ist jetzt kurz vor 11 Uhr Ortszeit. Ich bin seit ca. 4 Stunden hier und werde das Gefuehl nicht los, in etwas sehr Merkwuerdigem gelandet zu sein.

P.S.: Bin ich schnell oder bin ich schnell???